Zu Advents- und Weihnachtszeit 2022:
Die Aktualität eines alten Weihnachtsliedes
Heute möchte ich den Leserinnen und Lesern ein Lied von Friedrich Spee vorstellen, das er zum Weihnachtsfest verfasst hat, um den Menschen zu zeigen, in welche Armut das Jesuskind hineingeboren wurde. Spee hat den Text 1622 in Würzburg geschrieben. Er benutzt die Sprache seiner Zeit.
Von Friedrich Spee gibt es rund 150 Lieder für den Gottesdienst oder zur christlichen Unterweisung.
Das Lied, mit dem ich Sie heute bekanntmachen möchte, hat den Titel „Schau Christ, wie Christus hab veracht die Welt“. Gemeint ist damit, dass nicht Christus die Welt verachtet hat, sondern genau umgekehrt, dass die Welt die Geburt des Gottessohnes nicht zur Kenntnis nimmt. Deswegen werden auch der Ort der Geburt, der Stall in Betlehem, und die besonderen Umstände in aller Deutlichkeit beschrieben. Sein Geburtsort ist nicht Jerusalem, die Hauptstadt des Landes, sondern ein Stall. Der Stall wird in aller Deutlichkeit in seiner Erbärmlichkeit vor Augen geführt: keine Türe, keine Fenster. Löcher in den Wänden und im Dach. Die Geburt findet im Winter statt, entsprechend ist der Stall kalt und von Schnee bedeckt. Dazu gehört, dass kein Feuer da ist und der Stall vor allem auch nass ist. Das Kinderbett ist ein hartes Brett voll „Mist und Wust“. Wärme kommt nur von den Tieren. Und wenn ihr Atem nicht mehr da ist, wird das Kind „schwarz“ vor Kälte. Die Folge: das Kind weint Tränen wie Perlen, die zu Eis gefrieren. Letztendlich eine ganz furchtbare Situation für den Beginn eines jungen Lebens.
(Hinweis: Die Schreibweise habe ich in einigen Fällen an unsere Form angepasst, um des besseren Verständnisses willen.)
Schau Christ, wie Christus veracht die Welt /
Der Welt Gut, Ehr und Pracht.
Vom Himmel kam er auf die Welt /
Nichts mit sich bracht /noch Gut / noch Geld.
Er ließ die Stadt Jerusalem /
Und kam zum Stätle Betlehem.
Zu Betlehem hat er kein Haus /
Musst hin zum Stall zur Stadt hinaus.
Der Stall stand auf / und ohne Tür /
War Löcher voll / kein Fenster für.
Der Wind und Schnee schlug überall /
Der Schnee bedeckt den ganzen Stall.
Hie Gottes Sohn im Winter saß /
Kein Feuer war da / und alles nass.
Ein Kripp stand da/ ein hartes Brett
Das war sein Wieg und Kinderbett.
Voll Stroh die Kripp / voll Mist und Wust /
Da Gottes Sohn auf liegen musst.
Das Kind so kalt - erbärmlich arm /
Ein Ochs und Esel hauchten warm.
Sobald das Vieh den Atem spart /
Schwarz wurd von Kält das Kindle zart.
Aus seinen Augen fielen weiß /
Wie Perl / sein Trän gefroren Eis.
O Christ, tu auf das Herze dein /
Schließ ein und wärm das Kindelein.
An jede Strophe schließt sich ein Refrain an, der emotional auf das gerade Gehörte antwortet
O Gott, mein Lieb! O Gott, mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
Das Lied ist exakt 400 Jahre alt. Wenn wir genau hinhören, hat es nichts an Aktualität verloren .Aus der Ukraine oder aus andere Weltgegenden begegnen uns in den Zeitungen oder im Fernsehen täglich Bilder der Zerstörung. Auch hier werden Kinder geboren unter unmenschlichen Verhältnissen. Es sind die „Ställe von Betlehem“ des 21. Jahrhunderts.
Trotzdem möchte ich Ihnen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest wünschen mit dem Blick auf die Realität damals vor 2000 Jahren, vor 400 Jahren und heute.
Hans Müskens
Einladung zur Jahreshauptversammlung 2022
Nachruf: Prof. Dr. Heinz Finger
Zum Tod von Prof. Dr. Heinz Finger
„Ich aber, Herr, hoffe auf dich und spreche: Du bist mein Gott! Meine Zeit steht in deiner Händen.“ Diese trostreichen Worte aus dem Psalm 31 stehen am Anfang der Todesanzeige von Heinz Finger. Trotzdem macht sein Tod zutiefst betroffen. Denn viele Jahre haben wir in der Friedrich-Spee-Gesellschaft Düsseldorf eng zusammengearbeitet. Er war der stellvertretende Vorsitzende und daher immer wieder ein guter Gesprächspartner und Ratgeber. Für die Vorstandsarbeit war er sehr wichtig und verlässlich. Erinnern wir uns an Ihn, indem wir einige wichtige Daten aus seinem Leben und beruflichen Wirken nennen:
Heinz Finger wurde am 12. Mai 1948 in Wuppertal geboren. Er studierte Geschichte, Germanistik und Anglistik in Köln, Cambridge und Freiburg. Nach der Promotion in Germanistik trat er in den höheren Bibliotheksdienst ein. Zunächst war er Referendar an der Landesbibliothek in Stuttgart, dann Assistent an der Universität Mainz. 1982 wurde er Leiter u. a. der Handschriftenabteilung an der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf. In dieser Zeit lernten wir uns kennen und haben gemeinsame Projekte zu Friedrich Spee und Kaspar Ulenberg entwickelt. Im Jahre 2002 wurde er Direktor der Erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek Köln. Jetzt erforschte er zahlreiche Aspekte der Kölner Kirchengeschichte. Finger war ein exzellenter Kenner der Rheinischen Landesgeschichte. Zahlreiche wissenschaftliche Kolloquien waren typisch für sein Engagement. Auch jetzt spielte Friedrich Spee eine wichtige Rolle z. B. durch eine große Spee-Ausstellung in den Räumen der Dom-Bibliothek und einem entsprechend umfangreichen Katalogband.
Nebenamtlich lehrte Finger seit 1987 Mittelalterliche Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, wo er 1995 zum Honorarprofessor ernannt wurde. Zusätzlich war er in mehreren nationalen und internationalen Institutionen aktiv tätig. Unter anderem war er Mitglied im Vorstand und zweitweise stellvertretender Vorsitzender der Bibliothèques Européennes de Théologie, stellvertretender Vorsitzender und dann Vorsitzender im Historischen Verein für den Niederrhein. Er war Vorsitzender der Gutenberg-Gesellschaft, Mitglied im Kuratorium der Niederrhein-Akademie an der Universität Düsseldorf.
Am 4. Juli 2022 ist Professor Dr. Heinz Finger verstorben. Wir sind dankbar, dass wir ihn über viele Jahre in der Spee-Gesellschaft hoch aktiv erleben durften.
Hans Müskens
Nachruf: Dieter Kunze
Zum Tod von Dieter Kunze
Am 21. Juli 2022 ist Dieter Kunze aus Kaiserswerth verstorben. Er war viele Jahre Mitglied der Friedrich-Spee-Gesellschaft Düsseldorf und hat als Beisitzer konstruktiv und höchst aktiv mitgearbeitet. Es gibt zwei Themenbereiche, die ich hier in besonderer Weise hervorheben möchte:
Einmal die Herausgabe des Friedrich-Spee-Lesebuches und seine langjährige ideenreiche Arbeit an der Homepage der Friedrich-Spee-Gesellschaft, der Hausseite, wie er sie immer nannte.
Vor mehr als 10 Jahren hat er damit begonnen, Friedrich Spee und die Arbeit des Vereins entsprechend im Internet darzustellen. Mehrere Themen waren ihm dabei sehr wichtig: Zunächst das Leben des Seelsorger und Barockdichters aus Kaiserswerth. Dann dessen aktuelle Anbindung an den Geburtsort, vor allem zu erkennen im Spee-Archiv am Suitbertus-Stiftsplatz und am Spee-Epitaph an der Basilika. Weiterhin ging es ihm auch darum, Menschen vorzustellen, die sich um Friedrich Spee auf ganz unterschiedliche Weise bemühen und bemüht haben. Hinzu kommen selbstverständlich auch die zahlreichen Aktivitäten des Vereins. Die Literatur von Spee und über Spee fand auf den Seiten den ihnen angemessenen Platz. Dieter Kunze suchte auf vielen Wegen, Informationen über Spee zu finden und konnte diese entsprechend mit Bild und Text verarbeiten. Es entstand im Laufe der Jahre so etwas wie eine Geschichte der Auseinandersetzung mit Friedrich Spee, die man jetzt Seite für Seite durchblättern und studieren kann. Für viele Leser findet sich damit ein Weg zu Friedrich Spee und seinem Engagement für die Menschen seiner Zeit.
Ein weiteres wichtiges Thema war für Dieter Kunze das Friedrich-Spee-Lesebuch, das unter seiner Leitung im Jahre 2019 in 3. Auflage erschien, nachdem er im Laufe von fast zwei Jahrzehnten immer wieder Verbesserungen vorschlug.
Am Anfang stand die grundsätzliche Frage im Raum, ob sich überhaupt ein Lesebuch lohnt. Im Nachhinein ist die Antwort eindeutig, weil die ersten Auflagen inzwischen vergriffen waren. Es ist das erfolgreiche Bemühen, eine angemessene und ansprechende Auswahl der verschiedenen Textsorten von Spee zu finden. Die Einführungen in die einzelnen Themenfelder sind anschaulich und überzeugend:
1. Friedrich Spees Leben (Theo G.M. van Oorschot).
2. Der Seelsorger Spee, zu erkennen am „Güldenen Tugendbuch“ (Günter Dengel).
3. Der Dichter Spee mit seinen vielen Kirchenliedern und der „Trutz-Nachtigall“ (Dieter Kunze).
4. Der Kritiker Spee am Beispiel der hoch aktuellen „Cautio Criminalis“ (Walter Bröcker).
Dieter Kunze hat die Gesamtkonzeption entwickelt und als Herausgeber uns in der Gesellschaft immer wieder von der Wichtigkeit dieses Buches überzeugt. So konnten wir als Spee-Gesellschaft die Herausgeberschaft übernehmen. Die vier genannten Autoren sind inzwischen alle verstorben. Das Buch wird dank Dieter Kunzes Engagement uns weiter begleiten und die Erinnerung wach halten.
Die vielen sonstigen Aktivitäten von Dieter Kunze - sein Engagement für seine Schule und seine Schüler, vor allem im Fach Philosophie, oder sein Einsatz in der Lokalpolitik - sind bemerkenswert. In vielen Telefongesprächen und unzähligen Mails hat sich im Laufe der Jahre zwischen Dieter Kunze und mir ein enger und freundschaftlicher Kontakt entwickelt. Für all das sagen ich: Herzlichen Dank!.
Hans Müskens
Rheinlandtaler für Heimatforscher Hans Müskens
Hans Müskens, der Vorsitzende der Friedrich-Spee-Gesellschaft, hat im Novemeber 2022 im Landeshaus in Köln den Rheinlandtaler verliehen bekommen. Eine ausführliche Berichterstattung erschien u.a. in der Rheinischen Post vom 25.11.2022,verfasst von Julia Brabeck:
Heimatforscher Hans Müskens erhielt den Rheinlandtaler (rp-online.de)
Dr. Peter Keyser (Trier) ist verstorben.
Peter Keyser (links) und Jan Zopfs unterhalten sich über das neue Spee-Jahrbuch 2008. Foto: Sarah Guntermann
Nitt lang, nitt lang mags wehren/In diesem jamerthal,/In eyl sich wird verzehren/ Al meiner stunden zahl./Warum dan wolt ich klagen,/weil doch in Ewigkeit,/ Nach diesen kurtzen tagen,/Die Frewd ist uns bereit. Friedrich Spee
Dr. Peter Keyser
Nachruf
Wir trauern um unseren langjährigen zweiten Vorsitzenden und unser Ehrenmitglied, der am 14. März 2022 im Alter von 90 Jahren verstorben ist. Mit dem Tod von Peter Keyser verliert die Friedrich-Spee-Gesellschaft eine wichtige Stütze. Im Vorstand und als zweiter Vorsitzender hat er unser Ziel, die Erinnerung an Friedrich Spee, an dessen Werk und Kampf gegen die Hexenprozesse, nie aus den Augen verloren, sondern es mit unermüdlichem Engagement und wachem Geist vorangetrieben. 1987 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern und verfasste seit 1999 die Jahresberichte der Trierer Gesellschaft. Zu seinen vielen Aufgaben gehörte die redaktionelle Betreuung des Spee Jahrbuches. Sein größtes Verdienst war die mit der Landesmedienzentrale geschaffene Fotoausstellung zu Friedrich Spee, die kostenlos an Schulen, Vereine und Institutionen ausgeliehen wurde. Sehr am Herzen lag ihm die Betreuung der Preisvergabe, mit der die Trierer Gesellschaft Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Spee Gymnasiums für besonderes soziales Engagement und Zivilcourage auszeichnet. Aus Altersgründen musste er sich 2021 aus dem Vorstand zurückziehen, doch blieb er uns auch in schwierigen Zeiten immer tief verbunden. Unser Mitgefühl gilt seiner Frau und seiner Familie. Es ist uns Ehre und Pflicht, sein Andenken zu bewahren und in seinem Sinne die Memoria an Friedrich Spee weiterleben zu lassen.
Für die Friedrich-Spee-Gesellschaft, e. V., Trier
PD Dr. Rita Voltmer, Vorsitzende
Eine Rose für die Dichter - 25. Juni 2022
Den diesjährigen Tag "Eine Rose für die Dichter" begehen wir am 25. Juni 2022. Wie an vielen Dichterorten in Deutschland treffen sich auch in diesem Jahr Menschen, um einen Dichter vor Ort mit einer Rose zu ehren. Wir erinnern an die Verdienste Spees um die barocke Dichtung und an sein außergewöhnliches Bemühen um die Menschenrechte. Wir treffen uns um 15 Uhr am Spee-Epitaph an der Basilika Düsseldorf-Kaiserswerth. Anschließend ist die Möglichkeit gegeben, das Archiv am Suitbertus-Stiftplatz zu besuchen.
Bild: Rosa ‘Novalis’ (W. Kordes' Söhne, 2010), Europa-Rosarium Sangerhausen.
Foto: Wikipedia -
Wildunger Altar von Conrad von Soest
Am 28.03.1622 wird Friedrich Spee in Mainz zum Priester geweiht. Wir folgen der Datierung Oorschots, manche nennen das Jahr 1623. Im Mainzer Dom wird man des 400-jährigen Jubiäums gedenken.
Oorschot schreibt über diese Zeit:
(Friedrich Spee. Lesebuch. 32 f.)
Dieses Jahr haben wir gleichzeitig mit dem Geburtstagsgruß an das 400-jährige Jubiläum der Priesterweihe erinnert.
Im Jahre 1622 dichtete Friedrich Spee "O Heiland reiß die Himmel auf". Grund genug für uns, die journalistischen Erinnerungen an das Weihnachtslied dem Gedenken an die Priesterweihe im gleichen Jahr folgen zu lassen.
Das Ziel vor Augen
Advent ist immer eine Zeit, die anders ist. Sie soll unterbrechen. Sie will uns neu ausrichten. Sie will uns ein Ziel vor Augen stellen, auf das es sich lohnt zuzugehen. Vor fast genau 400 Jahren hat der Jesuit Friedrich Spee sein berühmtes Adventslied geschrieben, und das in einer Zeit großer Not, in der Pandemien herrschten, der Dreißigjährige Krieg viele Opfer forderte und ganz Europa in Atem hielt: „O Heiland, reiß‘ die Himmel auf“.
Da schreibt er: Hier leiden wir die größte Not, / vor Augen steht der ewig Tod. / Ach komm, führ uns mit starker Hand / vom Elend zu den Vaterland.
Wo bleibst du Trost der ganzen Welt, / darauf sie all ihr Hoffnung stellt?/ O komm, ach komm vom höchsten Saal, / komm, tröst uns hier im Jammertal.
Allein kommen wir nicht klar in dieser Zeit. Aber wir müssen es auch nicht, das sagt uns der Glaube, und so können wir vertrauensvoll beten und singen. Gott geht an unserer Seite…
Der Jesuit blieb aber nicht dabei, schöne Lieder zu dichten… Er hat angepackt, er hat sich gewandt gegen das Unrecht der Hexenverfolgungen in seiner Zeit, Kranke gepflegt und vielen Menschen durch seine Positionen, auch in der Theologie, Mut gemacht. Das alles kann auch uns fragen und entdecken lassen, wie Kirche heute für die Menschen da sein kann und die frohmachende Botschaft des Evangeliums sichtbar macht.
Bischof Georg Bätzing
In „Advent trotz(t) Corona“ (hg. von Martin W. Ramb und Holger Zaborowski, EOS-Verlag, Sankt Ottilien, 2021)
Spees Adventslied in der SZ
Unter der Überschrift Dieses Fest ist leiser als sonst verfasste Matthias Drobinski eine Weihnachtskolumne, die auf Spees Adventslied O Heiland reiß die Himmel auf Bezug nimmt:
„Die Illusion ist dahin, Wohlstand und Globalisierung könnten unverwundbar machen
Das passende Adventslied zu dieser Zeit wird übernächstes Jahr 400 Jahre alt. 1622 wurde es erstmals gedruckt, verfasst hat es vermutlich der Jesuitenpater Friedrich Spee von Langenfeld. "O Heiland reiß die Himmel auf!", ruft der Dichter ins Dunkle. "Reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloss und Riegel für!" Der Schrei kommt mitten aus dem Leben Spees.
Seit vier Jahren herrscht Krieg. Die Pest entvölkert Städte und Dörfer. Hexen sollen schuld sein an dem Elend. Folterknechte pressen den Frauen Geständnisse ab, die sie auf den Scheiterhaufen bringen. Es heißt, Spee habe den gefolterten Frauen die Beichte abgenommen. Ihre Verzweiflung verzweifelt ihn. Er schreibt gegen die Hexenprozesse an. Die Folge: Er wird strafversetzt nach Trier zu den Pestkranken, er infiziert sich, stirbt mit 44 Jahren.“
Der vollständige Text: Weihnachten und Corona: Das Fest ist leiser als sonst - Gesellschaft - SZ.de (sueddeutsche.de)
Diese Kolumne von Matthias Dobrinski weckte in uns die Erinnerung an einen ähnlichen Weihnachtskommentar von Heribert Prantl aus dem Jahre 2016:
„Es gibt Zeiten der Verzweiflung. In einer solchen Zeit schrieb der Jesuit Friedrich Spee das Lied "O Heiland reiß die Himmel auf". Das war vor bald 400 Jahren, im Dreißigjährigen Krieg, es war die Zeit der Hexenverfolgung; Spee war ihr leidenschaftlicher Gegner - und er war der Beichtvater ihrer Opfer. Er hat die Folter gesehen, den Hass des Mobs und den Wahn in den Augen der Richter. Er hat die Opfer in Blut und Ekel liegen sehen. Er hat die Urteile gehört, Urteile "Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes". Er wusste um die Unschuld der Opfer, aber er hat kein Urteil verhindern, er hat nur trösten können. Er hat sich überlegt, ob er sich selbst "den kopff herunter hawen" lässt. Aber dann hat er ihn lieber zum Denken benutzt, hat weitergetröstet und weiterbegleitet zum Scheiterhaufen - und Gott angeschrien in seinem Lied: Reiß auf! Reiß ab! Schlag aus!
Das Lied ist kein Klingeling. Es ist der bittere Ruf nach Gerechtigkeit; es ist die Klage darüber, dass Weihnachten nicht kommt, obwohl es im Kalender steht. Die Klage legt die Enttäuschung frei und bricht der Sehnsucht Bahn. Sie ist der Versuch, sich zu wehren gegen kollektiven Wahn. Spee flieht nicht, auch nicht in simple Antworten. Er konnte den Terror nicht stoppen; aber er konnte tun, was ein Einzelner tun kann: ihn anklagen. Das hat er getan: Er hat es nicht bei Forderungen an den himmlischen Heiland belassen; er wurde zum Widerständler, zum Whistleblower des 17. Jahrhunderts.“
Der vollständige Text: Anschlag in Berlin, Terror 2016: Nicht verzweifeln - Politik - SZ.de (sueddeutsche.de)
Christian Feldmann, der im Herder Verlag 1993 eine Spee-Biographie veröffentlicht hat, schrieb ebenfalls eine Weihnachtskolumne über das Adventslied:
21.12.2020
Weihnachten und Advent 202
Welche Geschichte steckt hinter dem Adventslied "O Heiland, reiß die Himmel auf"?
"Es ist ein beunruhigender, herber, bedrängender Text. Ein verzweifeltes Weinen im Dunkel. Ein stürmisches Rufen nach Gott, der den Himmel aufreißen, die Riegel abreißen, zu seiner verwüsteten Schöpfung herablaufen und die verlorenen Menschen retten soll.
Und das nicht irgendwann, bei der endgültigen Abrechnung am Jüngsten Tag, sondern jetzt, auf der Stelle, ganz schnell. Die harten Bilder von Finsternis und Verzweiflung hat Spee beim Propheten Jesaja entlehnt. Es überrascht nicht, dass die evangelische Jugend- und Singbewegung das eine Zeit lang vergessene Lied ausgerechnet während des Ersten Weltkriegs wiederentdeckt hat."
Erstdruck von 1630; Wikipedia
Vollständiger Text der Kolumne; siehe: https://www.sonntagsblatt.de/artikel/glaube/welche-geschichte-steckt-hinter-dem-adventslied-o-heiland-reiss-die-himmel-auf
Journalistisches Fundstück
Franz Josef Vogel, stadbekannter Lokalhistoriker, machte uns auf eine Meldung der Kaiserswerther Heimat-Zeitung von 1935 aufmerksam. Weder das dort erwähnte Bild noch der Privatbesitzer sind uns bekannt.
In diesem Zusammenhang verweisen wir auf ein Spee-Gemälde, das wir im Spee-Archiv aufbewahren und zeigen:
Ralf Stefan, unser Geschäftsführer, wurde geehrt!
Mit dem
Rheinlandtaler ehrt der
Landschaftsverband Rheinland (LVR) seit 1976 Menschen, die sich in besonderer Weise um die kulturelle Entwicklung des Rheinlands verdient gemacht haben. Der Taler zeigt das Gesicht der
Medusa und wurde von dem rheinischen Künstler
Wolfgang Reuter gestaltet. Er orientierte sich dabei an dem 1952 gefundenen Abbild an einer der Quellfassungen der
Eifelwasserleitung, dem
Grünen Pütz. Ausgezeichnet wird neben ehrenamtlichem Engagement vor allem auch der Einsatz im Bereich der Denkmal- und Bodendenkmalpflege, im Bereich der Archivs- und Museumspflege sowie der besondere Einsatz für die Erforschung der Landesgeschichte, für Volkskunde, Mundartpflege und Sprachgeschichte. Auch besondere Verdienste im Bereich der Naturkunde und des Naturschutzes sowie seit 1996 auch Verdienste um das multinationale Zusammenleben zwischen einzelnen
Ethnien im Rheinland können mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet werden. Über die Verleihung der Auszeichnung entscheidet der Kulturausschuss in einer siebenköpfigen Auswahlkommission.
Ralf-Günter Stefan (l.) und Dr. h.c. Hans Josef Rothkamp (r.) sind für die Archivierung lokaler geschichtlicher Sammlungen mit dem Rheinlandtaler Kultur ausgezeichnet worden. Während Stefan sich seit vielen Jahren ehrenamtlich um die historische Bibliothek in der Sammlung des Museums Burg Linn bemüht und verschiedene Ausstellungen kuratiert hat, hat sich Rothkamp vor allem um die Hürther und Brühler Stadtgeschichte verdient gemacht und stellt seine umfangreichen historischen Unterlagen für Ausstellungen immer wieder kostenlos zur Verfügung.
Einen Einblick in die Tätigkeit von Ralf Stefan zeigt uns das Foto unten aus Burg Linn, wo unlängst Ralf Stefan an einer Märchenausstellung und Darbietung maßgeblich mitgearbeitet hat.
Jaques Tilly´s Wimmelbild von Düsseldorf
Der bekannte Gestalter des düsseldorfer Rosenmontagszuges hat im Jahre 2019 einen Kalender entworfen mit Wimmelbildern zu Nord-Rhein-Westfälischen Metropolen. Auf dem Blatt zu Düsseldorf finden wir unten links am Rhein das Bildnis Friedrich Spees direkt über der Ruine der Kaiserpfalz. Damit schließt sich Tilly der wahrscheinlicheren geschichtlichen Version an, dass Friedrich Spee in der Dienstwohnung seines Vaters geboren wurde, der Vogt der Kaiserpfalz war. Es gibt allerdings auch die bekannte Legende, dass er im Hause Nummer 11 am Suitbertus-Stifts-Platz geboren worden sei. In dem Hause befindet sich ja bekanntlich unser Spee-Archiv.
Spee-Kreuzworträtsel
In der Wochenendausgabe der SZ vom 7/8. August wurde im Kreuzworträtsel nach einem deutschen Dichter, Jesuit gest. 1635 gefragt. Die Rätselfreunde bestätigen, dass das nicht häufig geschieht. Deshalb sei es hier vermerkt und belegt:
Erschienen im Eifeler-Literatur-Verlag. 2021.
Die Heimatschriftstellerin Antonie Haupt nimmt uns mit auf eine Zeitreise in die Ära der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges vor nun fast 400 Jahren, in der auch der berühmte Jesuitenpater und »Hexenanwalt« Friedrich Spee wirkte. Sein Leben und vor allem sein Einsatz als Fürsprecher für die während der Hexenverfolgung Bedrängten stehen im Mittelpunkt der Erzählung. Sein menschliches, manchmal obrigkeitswidriges Handeln kann uns dabei auch heute noch dazu veranlassen, prüfend auf die Gegenwart zu schauen. Diese von Elmar Lübbers-Paal sorgsam bearbeitete und herausgegebene Ausgabe von »Hexe und Jesuit« stellt eine originalgetreue Ausgabe des Werkes der Schriftstellerin Viktorine Endler dar, die es unter dem Pseudonym Antonie Haupt erstmals im Jahre 1893 publizierte.
(Der Herausgeber Elmar Lüppers-Paal hat unter https://kath.net/news/77290 einen Artikel zu Spee veröffentlicht.)
Unser Archiv verwahrt folgende ältere Ausgabe:
Fundstück: Franz von Seeburg, Die Hexenrichter von Würzburg.
Franz von Seebrug ist das Pseudonym, das sich Franz Xaver Hacker als Schriftsteller zugelegt hat. DAS MARIENKIND (obiges Bild) war sein erster schriftstellerischer Versuch und zugleich sein erfolgreichster. Franz Xaver Hacker war zeitweise Priester in Seebrug am Starnberger See.
Hacker wurde 1836 in Nymphenburg geboren. Nach der Volksschule besuchte er das Willhelmsgymnasium in München, das er 1855 mit dem Abitur verließ. In Freising, Metten und München studierte er Philosophie, Jura und Theologie. 1859 erhielt er die Priesterweihe. 1865 erkrankte Hacker schwer und konnte sein priesterliches Amt nur noch teilweise ausüben. Zur Erholung wurde er nach Seeburg am Starnberger See geschickt. Der Verleger Friedrich Pustet wurde auf Xavers Erstling DAS MARIENBILD in einer tiroler Zeitschrift aufmerksam. Er besuchte den Verfasser an seinem Erholungsort und die beiden Männer schlossen Freundschaft.
Im Pustet Verlag erschienen dann die zumeist kulturhistorisch ausgerichteten Novellen und Romane Hackers. Die lebensnahen und volkstümlichen Schriften waren überaus erfolgreich. Teilweise werden sie bis heute nachgedruckt.
Unser Exemplar von DIE HEXENRICHTER VON WÜRZBURG präsentiert sich in einem schönen Jugendstil Einband. Die Novelle erzählt von der segensreichen Einflussnahme Friedrich Spees auf die Würzburger Hexenprozesse. In Würzburg absolvierte Spee 1612 bis 1615 sein Noviziat. Sein Einschreiten bei den dortigen Hexenprozessen ist wohl Fiktion.
Franz Xaver Hacker starb am 28. Januar 1894 in München.
Der von uns wiedergegebene Novellenauschnitt (unten) zeigt, dass der Verfasser in seinem literarischen Text Originaltexte eingearbeitet hat und den Fundort korrekt in Fußnoten angibt.
Neue Website!
Die Trierer Schwestergesellschaft hat eine neue website eingerichtet. Sie erreichen sie unter:
Home - Friedrich-Spee-Portal
*(Nebenstehend das Logo der Trierer Gesellschaft)
Eine Rose für den Dichter - Dieses Jahr: Wolfgang Borchert
Wie jedes jahr schließt die Spee-Gesellschaft sich der Rosenaktion des Vereins LITERATURLANDSCHAFTEN an. Wolfgang Borchert (1921-47), der namenhafteste Vertreter der sogennannten TRÜMMERLITERATUR, wäre dieses Jahr hundert Jahre alt geworden. Ihm gilt diesmal unser Rosengedächtnis.
Kleine blasse Rose!
Der Wind, von Luv, der lose,
der dich zerwühlte,
als wär dein Blatt das Kleid von einer Hafenfrau –
er kam so wild und kam so grau!
(1. Strophe)
Sein Urnengrab (Ohlsdorfer Friedhof, Hamburg) deckt eine kleine, gestufte Liegeplatte, auf der seine Lebensdaten und die seiner Eltern verzeichnet sind, die an der gleichen Stelle bestattet wurden. Das Umfeld der Grabstätte wird im Volksmund auch „Dichterecke“ genannt.
Die kleine Feierstund am Spee-Epitaph an der Kaiserswerther Basilika fand am 5. Juni zwischen 15 und 16 Uhr statt.
Die korrespondierenden Zeilen von Friedrich Spee entnehmen wir TRUTZNACHTIGAL 22, Strophen 1 und 8:
Lob Gottes auß beschreibung der frölichen Sommerzeit
Jetzt wicklet sich der himmel auff/
Jetzt bwegen sich die räder/
Der Frühling rüstet sich zum lauff
Vmbgürt mit rosen-feder.
O wie so schön/ wie frisch vnd krauß!
Wie glantzendt Elementen!
Nit mügens gnugsam streichen auß[117]
Noch Redner/ noch Scribenten.
O Gott ich sing von hertzen mein/
Gelobet muß der Schöpffer sein.
Die blümlein/ schaw/ wie trettens an/
Vnd wunder schön sich arten!
Violen rosen/ tulipan/
All kleinod stoltz in garten/
Jacynthen/ vnd Gamanderlein/
Dan saffran/ vnd Lauendel;
Auch schwertlein/ gilgen/ nägelein/
Narciß/ vnd sonnenwendel.
O Gott ich sing von hertzen mein/
Gelobet muß der Schöpffer sein.
Zur Zeit bietet den bequemsten Zugang zur Speeschen Lyrik die von Theo M. van Oorschot besorgte kritische Ausgabe bei Reclam (Nr. 2596)
Trotz unbeständigen Wetters verfogten einige Spaziergänger die kleine Zeremonie. Einige von ihnen besuchten anschließend unser Spee-Archiv.
Eine Rose für die Dichter - 25. Juni 2022
Den diesjährigen Tag "Eine Rose für die Dichter" begehen wir am 25. Juni 2022. Wie an vielen Dichterorten in Deutschland treffen sich auch in diesem Jahr Menschen, um einen Dichter vor Ort mit einer Rose zu ehren. Wir erinnern an die Verdienste Spees um die barocke Dichtung und an sein außergewöhnliches Bemühen um die Menschenrechte. Wir treffen uns um 15 Uhr am Spee-Epitaph an der Basilika Düsseldorf-Kaiserswerth. Anschließend ist die Möglichkeit gegeben, das Archiv am Suitbertus-Stiftplatz zu besuchen.
Bild: Rosa ‘Novalis’ (W. Kordes' Söhne, 2010), Europa-Rosarium Sangerhausen.
Wanderausstellung der ALG
Was bleibet aber… Literatur im Land
Vor einige Tagen bekamen wir den repräsentativen Katalog zur Wanderausstellung der Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaft und Gedenkstätten (ALG) zugeschickt. Er berichtet ausführlich und anschaulich über die zur Zeit an wechselnden Orten in Deutschland gezeigte Ausstellung „Was aber bleibt … Literatur im Land“. Der Katalog ist mit seinen rund 180 Seiten gleichzeitig ein Lesebuch mit eindrucksvollen aktuellen Themen zur Literatur (1. Teil) und einer Auswahl von Autorinnen und Autoren geordnet nach Bundesländern (2. Teil). Hier hat auch Friedrich Spee „seine“ Tafel unter dem Thema „Kritiker der Hexenverfolgung“.
Katalog: „Was bleibet aber … Literatur im Land“, Herausgeberin: Christiane Kussin, Berlin 2021 (ALG)
Jubiäums
Rundbrief Nummer 5 - 2022
Liebe Mitglieder, sehr geehrte Damen und Herren,
heute erhalten Sie den aktuellen Rundbrief der ALG mit Informationen, Veranstaltungshinweisen und Neuigkeiten aus den literarischen Museen, Institutionen, Gedenkstätten und Gesellschaften.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen.
https://alg.de/newsletter/alle
Hinweis: Bitte informieren Sie sich über die aktuellen Anmelde- und Reservierungsmodalitäten, mögliche Terminänderungen und COVID 19-Regelungen auf den jeweiligen Webseiten der Veranstalter!
(Siehe auch in "Wir über uns").
Ein „neues“ Speebild
Anfang des Jahres 2021 entdeckte ich ein „neues“ Speebild. Es ist ein Bronzerelief, gestaltet von dem Kölner Künstler Egino Weinert. So ganz neu ist es nicht. Denn das Relief hat der Künstler bereits in den Jahren 2002/2003 entworfen und in Bronze gießen lassen. Aber jetzt erst in diesen Tagen habe ich es im Internet gefunden. Es bereichert die Sammlung von unterschiedlichen bildlichen Darstellungen des berühmten Kaiserswerthers im Besitz des Spee-Archiv.
Das Relief ist ca. 16 x 20 cm groß und zeigt Friedrich Spee, frontal an einer Tischplatte. Er schaut den Betrachter an. Kennzeichnend für den Dichter und Seelsorger ist die Schreibfeder in der rechten Hand, mit der er ein angedeutetes Blatt Papier beschreibt. Die linke Hand stützt sich auf die Tischplatte. Auffällig sind die klar gestalteten Gesichtszüge. Das erinnert an zeitgleiche oder frühere Spee-Darstellungen anderer Künstler. Auffällig ist hier die hohe Stirn. Dabei wirken Frisur sowie Bart eher „modern“. Kennzeichen seines Amtes ist der angedeutete Kragen einer Soutane.
Die Überschrift zum Bild lautet: PATER FRIEDRICH SPEE SJ. Darunter links sind vermerkt: 1591 - 1635. Darunter werden seine Hauptwerke erwähnt: TRUTZNACHTIGALL-GÜLDENES TUGENDBUCH -CAUTIO CRIMINALIS. Diese Buchtitel stehen in direkter Beziehung zur dargestellten Schreibfeder.
Rechts neben dem Kopf erkennt man noch eine kleine Szene, als ob sie auf der Schulter Spees stattfinden würde: eine Umarmung oder helfende Zuwendung. Zwei Personen stehen dicht beieinander. Die hintere Gestalt hat ihren Arm um die vordere gelegt, als ob sie sie stützt und ihr helfen möchte, dass sie nicht zusammenbricht. Das erinnert an die Hilfe, die Spee den als „Hexen“ angeklagten Frauen zukommen ließ.
Die Plakette ist rechts unten signiert mit „W“ für Egino Weinert.
Der Künstler Egino Günter Weinert wurde am 3. März 1920 in Berlin- Schöneberg geboren. Als Schüler kam er in das Benediktiner-Kloster in Münster Schwarzach. Hier hatte er auch den Wunsch, in den Orden einzutreten. Vom Kloster wurde er in die Kölner Werkschule geschickt und erlernte hier die Feinheiten des Kunsthandwerks bei verschiedenen Lehrern. Er wurde Goldschmied, Bildhauer und Maler. Aber kurz vor der „Ewigen Profess“ musste er das Kloster verlassen. Am Ende des Krieges traf ihn ein schwerer Schicksalsschlag. Er verlor seine rechte Hand durch eine getarnte Sprengkapsel, verursacht durch Soldaten der „Roten Armee“. Ein langes Training führte dazu, dass er allmählich nur mit der linken Hand die künstlerischen Arbeiten ausführen konnte.
1951 gründete Egino Weinert in Bonn sein erstes eigenes Atelier, um nach einem Aufenthalt in der Schweiz ab 1954 in Köln eine Werkstatt zu betreiben.
Egino Weinert schuf eine Vielzahl von sakralen Gegenständen, die in vielen Kirchen in Deutschland, im europäischem Ausland und in den USA zu finden sind.
Das Friedrich-Spee-Relief gehört in eine umfangreiche Reihe von „Begleitern auf unserem Lebensweg“, die Egino Weinert im Lauf seines künstlerischen Schaffens entworfen hat.
Hans Müskens
Egino Weinert beim Zeichnen eines Entwurfes, undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)
INTERNATIONALER TAG GEGEN DEN HEXENWAHN
Uno verurteilen Hexerei und moderne Hexenverfolgung
Genf, 5.10.17 (kath.ch)
Die Vereinten Nationen wollen der Hexerei und modernen Arten von Hexenverfolgung weltweit den Garaus machen. Es gehe darum, Menschenrechtsverletzungen einzudämmen oder zu verhindern, die durch schädliche Praktiken im Zusammenhang mit Hexerei bewirkt würden, teilte das Uno-Hochkommissariat für Menschenrechte am Donnerstag mit. Mehr als 100 Experten hätten dazu bei einem Treffen in Genf «wirksame» Vorschläge gemacht. Dazu gehöre die bessere Kontrolle der Arbeit traditioneller Heiler ebenso wie das Verbot von Zeitungsanzeigen für Personen, die Hexerei praktizierten. Gesetze müssten diesbezüglich überarbeitet werden, hiess es. Täglich gebe es weltweit entsprechende Menschenrechtsverletzungen. Dazu gehörten Tötungen, rituelle Verstümmelungen, Menschenopfer, Folter, unmenschliche und erniedrigende Behandlung sowie die Diskriminierung und Isolierung von angeblich verhexten Personen. «Der Hexerei beschuldigt zu sein, ist eine Form von psychischer Gewalt und oft mit unbeschreiblichen Angriffen bis hin zur Folter verbunden», so die Menschenrechtsexperten der Uno. Dies betreffe neben Frauen auch Kinder. Selbst wenn diese die Attacken überlebten, würden sie oft stigmatisiert oder gezwungen, auf der Strasse zu leben. Bei dem UnoWorkshop in Genf berichteten unter anderem Vertreter aus Malawi, Nigeria, Tansania, Australien, Indien und Papua-Neuguinea über die schädlichen Auswirkungen von Hexerei. (kna)
Erster afrikanischer Jugend-Humanistentag in Nairobi 22. - 24. Juli 2016
Da der internationale Gedenktag am 10. August 2020 zum ersten Mal begangen wurde und der Zusammenhang mit Spees Kampf gegen die Hexenprozesse in der Frühen Neuzeit für uns offenbar ist, hat der Vorsitzende des Friedrich-Spee-Gesellschaft-Düsseldorfs ein Rundschreiben verfasst:
Neues aus dem Friedrich-Spee-Archiv:
Internationaler Tag gegen den Hexenwahn
Man soll es kaum für möglich halten, dass ein Problem wie der „Hexenwahn“ im 21. Jahrhundert eine hohe Aktualität besitzt. Was seit mehreren Jahrhunderten als nicht mehr existent gilt, lebt heute als Bedrohung in über 30 Ländern unserer Welt weiter. Daher hat das Hilfswerk „missio“ den 10. August zum „Internationalen Tag gegen den Hexenwahn“ ausgerufen. In einem Interview betont missio-Präsident Dirk Bingener, dass in mindestens 36 Ländern der Erde – hauptsächlich in Afrika, Asien und Ozeanien, aber auch in vier Staaten Lateinamerikas – Menschen als sogenannte Hexen verleumdet und gefoltert würden. Das betreffe „Zehntausende vollkommen unschuldige Opfer“. Um auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen und den Betroffenen eine Stimme zu geben, habe missio den Tag ins Leben gerufen. Hexenwahn sei kein „Problem von gestern und vorgestern“, erklärte Bingener. Er gehe davon aus, „dass in den vergangenen 60 Jahren mehr Menschen als vermeintliche Hexen getötet wurden als in 350 Jahren europäischer Hexenverfolgung in der frühen Neuzeit.“ Wie in früheren Zeiten wird ein „Sündenbock“ gesucht, der angeblich verantwortlich ist für unerklärliche Unglücke, einen Todesfall oder eine Naturkatastrophe.
Foto: Tim Wibbels
Das Friedrich-Spee-Epitaph an der Basilika in Kaiserswerth erinnert genau mit seinem Bildprogramm an diese Verletzungen der Menschenrechte. Friedrich Spee hat mit seinem Buch „Cautio Criminalis“ das extreme Unrecht beim Namen genannt. Sein Anliegen ist zeitlos und gilt bis heute. Es geht ihm darum, Gerechtigkeit, Wahrheit und Vernunft im Umgang miteinander möglich zu machen. Sein Buch hatte damals im 17. Jahrhundert den Erfolg, dass sich etwas zum Positiven veränderte. Die Hexenprozesse wurden beendet.
So ist das Denkmal in Kaiserswerth auch Mahnung und Aufforderung an uns heute, dem weltweiten Unrecht an Frauen, Kindern und Männern Einhalt zu gebieten. Die „Cautio Criminalis“ hat nichts an Aktualität verloren. Sie sollte von denen, die heute Macht ausüben oder Gerichtsurteile sprechen müssen, gelesen und aktuell umgesetzt werden.
Hans Müskens
Mehr zum Thema: www.missio-hilft.de/hexen
Klassizistische Hexenskulptur von Karl Cauers
1874 schuf Karl Cauer (1828 – 1885) diese Marmorplastik. Sie hat eine Höhe von 173 cm und eine Tiefe von 85 cm. Die jugendliche weibliche Figur hat Fledermausflügel, die Locken sind mit Schlangen durchwunden, die Linke hält eine Schlange umfasst, welche sich um den Leib windet. Unten neben den Füßen findet sich eine Eule mit Eidechse. Die Königin Elisabeth von Rumänien (1843 – 1916) wurde durch diese Figur zu einer Novelle angeregt. Heute befindet sich die „Hexe“ in der Nationalgalerie, Berlin.
Detmold: Gedenk-Stele
In den Jahren zwischen 1583 – 1676 fielen in Detmold und Umgebung rund 50 Menschen dem Hexenwahn zum Opfer. Zusätzlich wurden 50 sogenannte Hexenkinder jahrelang eingesperrt und gefoltert. Ein Arbeitskreis „Hexenverfolgung“ hat sich unter Leitung von Pfarrer Martin Hankemeier darum bemüht, die Erinnerung an diese furchtbaren Ereignisse wachzuhalten. Im Juni 2021 wurde in der Innenstadt in einer kleinen Parkanlage eine Stele errichtet, die an diese Ereignisse im 16./17. Jahrhundert erinnert. Der untere Quader erinnert mit Gitterfenstern an die Kerkerhaft. In einem weiteren „Fenster“ werden Namen genannt, stellvertretend für alle, denen zu Unrecht ein Prozess gemacht wurde. Die Farbe des Quaders ist violett. Ein zweiter anthrazitfarbiger Glaswürfel ist auf dieses Fundament aufgesetzt und deutet durch seine Drehung den Bruch im Lebenslauf der Betroffenen an. Ein umlaufendes Spruchband weist hier auf Artikel 1 des Grundgesetzes hin: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Somit wird das Grundanliegen der Menschenrechte angesprochen. Oben ist der Würfel durch einen Spiegel abgeschlossen. Man sieht in die Natur, in den Himmel mit seinen Wolken und dem Licht. Wenn man sich aufrichtet und selbst in den Spiegel sieht, erkennt man sich in der Auseinandersetzung mit diesen geschichtlichen Ereignissen und der Aktualität des Themas, das in einer seitlich angebrachten Tafel noch einmal verdeutlicht wird: „Missachtung und Diskriminierung, Hass und Hetze beginnen mit Gedanken und Worten und führen zu Verfolgung und Vernichtung“. Der Weg von der Langestraße zum Denkmal ist nach Anna-Maria-Tintelnot benannt, einer Frau, die als Hexe angeklagt wurde, aber als eine der wenigen die Tortur überlebte und fliehen konnte.
Vor diesem Hintergrund hielt Hans Müskens am 2. Mai 2022 auf Einladung des Arbeitskreises „Hexenverfolgung“ im Haus der Lippischen Landeskirche einen Vortrag zum Thema: „Friedrich Spee: Kämpfer für die Menschenrechte und Bekämpfer des Hexenwahns (über Zivilcourage)“.
In der Nummer 147 der Zeitschrift des Geschichtsvereins Prümer Land befindet sich ein Artikel HEXENWAHN, WIE EINE EPEDEMIE von Hans Dieter Arntz. Der Artikel bietet einen Überblick über die Geschichte der Hexenprozesse in der westlichen Eifel. Auf Seite 18 findet sich eine Passage, die in ihrer Tendenz eine Verwandschaft zu der Position von Walter Bröcker in unserem Spee-Lesebuch erkennen lässt:
Die neueste Folge der Geschichtspublikation des SPIEGEL hat die Hexenverfolgung zum Thema. Unter der Überschrift GEGENBEWEGUNG bringt der Spiegel ein Ganseitiges Bild von Friedrich Spee. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt allerdings auf THOMASIUS und dem Arzt WEYER. Die Vorsitzende unserer Trierer Schwestergesellschaft, Dr. Rita Voltmar trägt ihre Forschungsergebnisse in einem Interview vor. Für Interessierte, die sich weiter informieren wollen, empfiehlt sie einschlägige Literatur (siehe oben).
/Siehe auch Literatur.)
Die dritte Auflage ist erschienen:
Das Buch ist in allen Buchhandlungen für 29,90€ erhältlich, es kann auch bei den Gesellschaften in Düsseldorf und Trier erworben werden.
Joseph Sudbrack (Mystikkenner des Jesuitenordens) würdigte 1993 die Erstauflage unseres Lesebuches wie folgt:
Das im Auftrag der Friedrich-Spee-Gesellschaft in Düsseldorf herausgegebene •Lesebuch"1 erfüllt die geweckten Erwartungen. Aus den drei bedeutenden Veröf- fentlichungen Spees, dem Güldenen Tugendbuch, der Trutznachtigall und der Cautio criminalis werden längere, möglichst im Zusammenhang wiedergegebene Texte vorgestellt. Es ist zu begrüßen, daß der heutige Leser die Lyrik der Trutz- nachtigall (einige andere Lieder sind in moderner Fassung mit abgedruckt) in der Originalsprache mit den notwendigen Hilfen in die Hand bekommt. Er wird sich - auch mit Hilfe der guten Hinführung - schnell einlesen und eher mit der Länge und den Wiederholungen der Lieder als mit ihrer Sprache Schwierigkeiten haben. Doch das ist eben Spee, das ist Barock! So die 33.(!) Strophe eines Dreifaltigkeits- liedes: •Gelobet sey der Einig Gott, / Zu tausend, tausend mahlen, / Zu tausendmahl Gott Sabaoth, / Vnd noch zu tausend mahlen. / Gelobet die Dreyfältigkeit, / Dreyfältig in Personen: / Gelobet die DreyEinigkeit, / DreyEinig in der Cro- nen." Die ausgewählten Texte der Cautio criminalis (Rechtliches Bedenken we- gen der Hexenprozesse) sind geschickt in eine neue Ordnung gebracht und mit ei- ner guten Einleitung versehen, um dem Leser den Überblick über die Angelegen- heit des Hexen wesens und Spees Kampf zu vermitteln. Ähnliches gilt vom Gülde- nen Tugendbuch, dessen erstaunlich ganzheitliche, von Ignatius beeinflußte As- kese/Mystik durch Kontrastierung zur Imitatio Christi der Devotio moderna ver- deutlicht wird; dabei kommt letzteres von Ignatius geliebte Buch doch zu schlecht weg. Zu erwähnen ist noch van Oorschots Aufsatz, der eine vorzügliche Biographie und Deutung Spees ist.
(In Geist und Leben. Zeitschrift für christliche Spiritualität 66. 1993. S. 73-78)
Das Gottes- und Menschenbild in den Geistlichen Liedern von Friedrich Spee
Von der Philosophischen Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Philosophie (Dr. phil.) genehmigte Dissertation von Annelore Butzmann geboren am 03.07.1927 in Köln 2010
Die vorgelegte Dissertation entstand nach meinem Zweitstudium als Seniorin an der Philosophischen Fakultät mit den Hauptfächern Religionswissenschaft und Geschichte zur Magistra Artium (M.A.). Ich möchte mich ausdrücklich bedanken für das selbstverständliche und ermutigende Miteinander von jungen und Seniorenstudenten während der Studienzeit, zu dem die Lehrenden in den Seminaren wesentlich beigetragen haben.
Einleitung Am Pfingstmontag den 05. Juni 2006 wurde in Wendeburg, einem Ort mit gut 10.000 Einwohnern, unmittelbar am nordwestlichen Stadtrand von Braunschweig gelegen, dessen Ortsbild von der Landwirtschaft geprägt ist, eine Weidenkirche eingeweiht. Der neu gegründete Verein „Frünne vonne Wiehenkerke“ wählte Friedrich Spee, der im 17. Jahrhundert als Pfarrer in Peine in der Nähe von Wendeburg lebte, zu ihrem Patron. Diese Wahl sollte an den mutigen und nur seinem Gewissen verpflichteten Kämpfer gegen die Hexenprozesse erinnern, der mit der Veröffentlichung der von ihm verfassten „Cautio Criminalis oder Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse“ sein eigenes Leben gefährdete. Am 22. Juli 2007 wurde die Wendeburger Weidenkirche nach Friedrich Spee benannt.1 Diese Kirche ist nicht nur weltweit die erste Friedrich-Spee-Kirche und auch die neueste Erinnerungsstätte an ihn, sondern gleichzeitig eine ökumenische Kirche, in der evangelische und katholische Christen gleichberechtigt feiern,2 ein sicher hoffnungsvoller Ort.
Die Weidenkirche in Wedeburg, die Friedrich-Spee-Kirche.
Am 7. Mai 2022 besuchte eine große Gruppe aus Wendeburg bei Braunschweig unser Archiv in Kaiserswerth. Ziel der mehrtägigen Reise war, Lebensstationen von Friedrich Spee kennenzulernen. So begann die Exkursion in Kaiserswerth. Ein weiterer Höhepunkt war Trier, wo Prof. Gunther Franz u.a. das Grab von Friedrich Spee in der ehemaligen Jesuitenkirche zeigen konnte. Die Reise wurde von Pastor Otto Pfingsten organisiert. In Wendeburg hat Pastor Pfingsten die Idee aufgegriffen, eine Weidenkirche zu errichten, die den Namen Friedrich Spee bekam.
Eine Kirche aus Weiden ist ein ungewöhnliches Bauwerk. Sie ist ein Stück Natur. Sie ist demnach kein starres Gebäude, sondern sie ist lebendig und wächst ständig. Außerdem hat sie keine Schlösser und Türen. Diese Offenheit ist Zeichen der Toleranz und der grenzenloser Liebe Gottes zur gesamten Schöpfung. Die Kirche in Wendeburg ist eine ökumenische Kirche und wurde nach Friedrich Spee benannt. Es ist die einzige Kirche, die seinen Namen trägt. In der Zeitschrift „Braunschweigische Heimat“ wird das Thema Weidenkirche und Spee mehrfach in den letzten Jahren von Pastor Otto Pfingsten aufgearbeitet:
1. Friedrich Spee (1591-1635) – der Patron der Wendeburger Weidenkirche (Ausgabe 2/2007);
2. Die Weidenkirche in Wendeburg (Ausgabe 2/2006);
3. Über Ricarda Huch und Friedrich Spee – Mitmenschlichkeit, Klugheit und Mut (Ausgabe 1/2021).
Die Zeitschriften können in unserem Archiv eingesehen werden.
Habilitation über Spee zweifach Preisgekrönt
Der 1972 in Paderborn geborene katholische Theologe mit Studienabschlüssen in Jura, Geschichte und Latein hat eine Habilitationsschrift "Folter und Geständnis: Friedrich Spee SJ (1591-1635) in der Gesellschaft Jesus" vorgelegt. Die Trierer Friedrich Spee Gesellschaft nahm diese Habilitation zum Anlass, dem Paderborner Theologen ihren Friedrich Spee Förderpreis zu verleihen. Die Vorsitzende der Trierer Gesellschaft, Frau Dr. Rita Voltmer, überreichte den Preis an Dr. Frank Sobiech (Mitte) zusammen mit dem Stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Peter Kayser (links).
Foto: Jan Kreller
Frau Dr. Voltmer führte in ihrer Ladatio aus, dass Spee mit seiner "Cautio criminalis" (1631) gegen die Folter augmentiert habe, sich für generelle Unschuldsvermutung, Verteidigungsmöglichkeiten und unparteiische Richter eingesetzt habe. Damit habe er bis heute gültige Forderungen formuliert nach einer unabhängigen und menschenrechlichen Prinzipien folgenden Justiz. Dr. Sobiech habe eine wichtige Lektüre für jeden geschaffen, der sich mit Friedrich Spee, der Gegenreformation, mit der Konfessionalisierung, mit der Geschichte des Jesuitenordens und den Hexenverfolgungen beschäftigen möchte. Das Buch diene den gleichen Zwecken wie die Friedrich Spee Gesellschaft.
In seinem anschließenden Vortrag sprach der Preisträger viele Fassetten von Spees Leben an. Besonderen Wert legte er auf zeitgenössische Charakterisierungen, wie er sei ein kritischer Kopf und habe ein quecksilbriges Temperament gehabt.
Mit der Urkunde erhielt der Preisträger ein Preisgeld von 2000 Euro.
Die preisgekrönte Schrift erscheint ende des Jahres unter dem Titel "Jesuit Prison ministry in Witch Trials of the Holy Roman Empire: Friedrich Spee SJ and his cautio criminalis".
Mittlerweile hat Dr. Sobiech zusätzlich dem Ignaz -Theodor-Liborius-Meyer-Preis für seine Arbeit zugesprochen bekommen. Der Pres ehrt junge Wissenschaftler, die auf dem Gebiet der westfälischen Landesgeschichte tätig sind und dort mit herausragenden Leistungen aufwarten. Benannt ist der preis nach dem Domkapitular, Archivar und Historiker gleichen Namens (1773-1843), dem Initiator und ersten Vorsitzenden des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens. Die feierliche Preisverleihung war am 8. Dezember 2019, um 16:00 Uhr im Kapitelsaal des Generalvikariats, Domplatz 2, Paderborn.
Unser Trierer Spee-Freund Gunther Franz veröffentlichte im Rottenburger Jahrbuch 39 folgende Rezension:
Frank Sobiech: Jesuit Prison Ministry in the Witch Trials of the Holy Roman Empire: Friedrich Spee SJ and his Cautio Criminalis (1631) (Bibliotheca Instituti Historici Socie tatis Iesu vol. 80). Rom: Institutum Historicum Societatis Iesu 2019. 539 S. ISBN 978-88- 7041-380-9. Geb. € 60,00.
Diese Habilitationsschrift an der Würzburger Katholisch-Theologischen Fakultät 2017 erscheint wegen der internationalen Verbreitung in englischer Übersetzung. Sie kann als wichtigster Beitrag zur Spee-Forschung nach dem Abschluss der vierbändigen Historisch-kritischen Ausgabe sämtlicher Schriften von Friedrich Spee (1591–1635) durch Theo G. M. van Oorschot im Jahr 2005 gewürdigt werden. Sobiech konnte unterstützt von Stipendien und Gastfreundschaft in einem Zeitraum von mehr als einem Dreiviertel jahr erstmals umfassend die römischen Quellen zu Spee studieren. Auch die benutzten deutschen Archive und Bibliotheken ergeben eine lange Liste. Den Fleiß und das Finder glück des Autors konnte der Rezensent sehen bei den Ergänzungen zu seiner Liste der erhaltenen Exemplare der Cautio Criminalis 1631 und 1632 (in der historisch-kritischen Ausgabe 2005, Sobiech S. 15f.) und in dem Briefwechsel, der wegen des Verbleibs eines Exemplars in Privatbesitz geführt wurde. Von besonderer Bedeutung ist Teil II über den Lebenslauf von Friedrich Spee und seine Schwierigkeiten im Jesuitenorden (S. 25–164), die bei der Publikation der Cautio Criminalis und ihren Konsequenzen (1629 bis zu Spees Tod in Trier 1635) kumulieren. Zu den verschiedenen Stationen seiner Ausbildung und Lehre (Trier, Speyer, Worms, Mainz, Paderborn, Köln) sind erstmals die örtlichen Verhältnisse und die Jesuiten und Persön lichkeiten, die Spee begegnet sind, mit Daten und Quellen genannt. Zum Druck der Erstausgabe der Cautio Criminalis beim Universitätsdrucker Lucius in Rinteln wird die »Lücke der Zensur« (Gap in Censorship) im Dreißigjährigen Krieg erörtert. Die zweite Ausgabe 1632, gedruckt von Cornelius ab Egmondt in Köln, wurde nach Sobiech neben Spee von Egmondts Gast, dem Juristen Helfrich Ulrich Hunnius (1583–1636) – ehemals Professor in Marburg, zum Katholizismus konvertiert, Vizekanzler des Trierer Kur fürsten – befördert, nicht aber vom Jesuitenprovinzial Nickel. Wenn die beiden Ausgaben mit der Angabe Incerto theologo Romano oder orthodoxo als pseudonymous bezeichnet werden (S. 339–352 u.ö.), kann angemerkt werden, dass es sich nicht um einen falschen Namen, sondern eine korrekte Angabe zur Verschleierung handelt. Der III. Teil behandelt – dem Haupttitel des Buches entsprechend – als zweites Haupt thema die Gefängnisseelsorge der Rheinischen Jesuiten bei Hexenprozessen als Voraus setzung und Kontrast zu Spees Kritik in der Cautio Criminalis (S. 165–334, davon S. 311– 334 Spee). Die Seelsorge bei Fragen der Hexerei und Zauberei beginnt nicht mit Besuchen der Jesuiten in Gefängnissen und auf Hinrichtungsstätten, sondern viel früher mit Kate chismusunterricht, Predigten, Seelsorgegesprächen, Exerzitien, Segnungen und Exorzis mus. Behandelt wird die Rheinische Provinz der Jesuiten, die große Teile Deutschlands umfasste und 1626 in die Niederrheinische und Oberrheinische Provinz geteilt wurde. Abgesehen von Andreas Kirchberger SJ, der 1576 in Rottenburg geboren wurde, sind aus dem Gebiet der späteren württembergischen Diözese Rottenburg die Hexenprozesse in der Fürstpropstei Ellwangen angeführt. Quellen befinden sich vor allem im Archivum Romanum SI in Rom (Germ., Rh.Inf. und Rh.Sup.) und in deutschen Archiven, bei spielsweise dem Hauptstaatsarchiv Koblenz (Best. 211 mit den Hexenprozessen von der Reichsabtei St. Maximin bei Trier). Ein Kapitel über die Gutachtertätigkeit von Jesuiten (The Expert Opinions, S. 275–292) wurde mit einer Quellenedition (lat., engl.) im Anhang ergänzt und in einer modifizierten deutschen Fassung im Spee-Jb. (2018/19, S. 139–-185) veröffentlicht: »Der Mertesdorfer Bauer und ›Zauberer‹ Thomas Feilen vor Gericht. Die St. Maximiner Gutachten (1629) der Trierer Jesuitenprofessoren…«. Die herausragende Bedeutung von Spees Argumentation ist bekannt, wird aber durch den Vergleich mit sei nen Mitbrüdern, die dem »Zeitgeist« folgten, untermauert. BUCHBESPRECHUNGEN 457 Teil IV des Buches behandelt die Rezeption der Cautio Criminalis und das offizielle Gedenken an Spee im Jesuitenorden vom 17. bis 20. Jahrhundert, das zu keiner Unterstüt zung der Seligsprechung führte. Die Schlussbetrachtung ist deswegen unter Anknüpfung an Stellungnahmen der Jesuiten Karl Rahner 1983 und Paolo Molinari 1985 den Grenzen des Gehorsamsgelübdes gewidmet. Dass neben anderen Institutionen 14 Erzdiözesen und Diözesen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (auch solche, in denen Spee nicht selber gewirkt hat) sich an den Druckkosten beteiligt haben, sei als Hinweis auf die heutige Spee-Rezeption notiert.
Gunther Franz
(Siehe auch Publikationen.)
Schulabschluss
Einige Schülerinnen und Schüler des Philosophiekurses Phil Gk 12.2 des Steinbart Gymnasiums Duisburg wünschten sich, in geselligem Rahmen ihren Schulabschluss zu begehen. Ihr Kursleiter Dieter Kunze schlug ihnen das Spee-Archiv vor. Damit wurden mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Man hatte einen attraktiven Rahmen für das Beisammensein und nebenbei konnte der Kursleiter einiges über den historischen Ort und die Bedeutung Spees vermitteln.
Zum Programm gehörte auch die Lesung barocker Lyrik.
Spee-Epitaph
Mittlerweile hat die katholische Gemeinde unterhalb des Epitaphs einen informierenden Schriftzug anbringen lassen.
Literarische Fundstücke
Felix Braun (1885-1973), ein Österreichischer Schriftsteller jüdischer Herkunft, trat 1935 in die katholische Kirche ein. 1937 erschien unter dem Titel DER TAUSENDJÄHRIGE ROSENSTRAUCH, deutsche Gedichte aus tausend Jahren eine von Felix Braun ausgewählte und eingeleitete Anthologie. Der Verlag unterschlug damals den Namen des Herausgebers, da unter den zeittypischen Verhältnissen ein jüdischer Herausgeber geschäftsschädigend gewesen wäre. Die uns vorliegende Ausgabe stammt aus dem Jahre 1949 und nennt den Herausgeber.
Von Spee wählt Felix Braun die auch sonst häufig bevorzugeten Titel aus:
TRUTZNACHTIGALL
LIEBGESANG DER GESPONS JESU ZUM ANFANG DER SOMMERZEIT
TRAUERGESANG VON DER NOT CHRISTI AUF DEM ÖLBERG IN DEM GARTEN
EIN KURZPOETISCH CHRISTGEDICHT VOM OCHS UND ESELEIN BEI DER KRIPPEN
Das fünfte Lied findert sich seltener in den Gedichtssammlungen. Deshalb sei es hier abgedruckt:
Ludwig Tieck, nach einem Gemälde von Joseph Karl Stieler aus dem Jahr 1838
Ludwig Tieck: Hexensabbat
Die 1832 erschienene Novelle gehört zu den weniger bekannten Werken Tiecks. So stolperten wir auch mehr durch Zufall über den Text und da besonders über den Schluss, denn dort heißt es:
Aber das Vermögen, das Leben der Angeklagten war verschwunden und längst vernichtet. Friedrich, so wenig wie Sophie oder deren Kinder, wollten bei dieser Ehrenerklärung gegenwärtig sein. An derselben Stelle, wo vor vielen Jahren die Angeklagten waren verbrannt worden, wurde, nachdem man ihre Ehrenrettung laut vorgelesen hatte, eine lustige Komödie gespielt, über welche die Zuschauer viel lachten. Und doch war dieser unsinnige Hexenprozeß nur der erste große in Europa, nach dessen Form bis 1700, bis auf Thomasius' und Spees Einrede, so viele Unschuldige und Wahnsinnige dem Feuer geopfert wurden.
Tieck entnahm den Stoff den Memoiren des Jaques du Clereq, wo Ausführlich von einem Hexenwahn in der Stadt Aras im Jahre 1459 berichtet wird. In seiner Novellenbearbeitung gelingt es Tieck, die handelnden Individuen trotz psychologischer Vertiefung als Teile eines pathologischen Soziogrammes erscheinen zu lassen.
Fulda-Baltimore-Langenfeldt
Im Juni 2017 kündigte eine englisch sprechende Frau ihren Besuch im Spee-Archiv an. Es erschien eine junge, sportliche Frau, die sich als Stephanie Joyal aus Baltimore vorstellte.
Sie habe Griechisch und Latein studiert. Aufgrund dieser Sprachkenntnisse habe sie einen Jahresvertrag innerhalb des Digitalisierungsprojektes des Walters-Museums in Baltimore bekommen.
Das Walters Art Museum, das seine Ursprünge in den Kunstsammlungen von William Thompson Walters seit der Bürgerkriegszeit hat, beherbergt neben den Kunst-, Keramik-, Möbel- und Waffensammlungen auch seltene Handschriften, Drucke und alte Bücher. Letztere wurden und werden digitalisiert.
Stephanie Joyal erzählte uns, sie suche uns auf, weil in einem der von ihr bearbeiteten Bücher der Name Spee von Langenfeldt auftauche. Sie konnte uns die entsprechende Buchseite zeigen, wobei uns das Speesche Wappen sofort ins Auge fiel.
Es handelt sich um ein weitgehend handschriftliches Buch, das unter dem Titel LIBER AMICORUM OF JOANNES CAROLUS ERLENWEIN kategorisiert wurde. Es geht auf das Jahr 1615 zurück und versammelt Widmungen von Freunden, Bekannten, Verwandten und Studienfreunden aus Fulda - ein Vorläufer der Freundschaftsalmanache und Poesiealben.
Freundschaftsbuch Cover
Auf Seite 109 findet sich der Hinweis auf Spee von Langenfeldt und eine Sibilla Spee, die eine Schwester Friedrich Spees sein könnte.
Wir haben unserem Besuch unser Archiv, den Stiftsplatz mit dem Epitaph und Basilika sowie die Stelen im Stadtgarten gezeigt. Vor allem aber haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass Langenfeld hier ein Haus in Wankum ist und nicht ein Ort.
Haus Langenfeld im Ortsteil Wankum (Foto: Holger Bauer, pivatana)
Dieses Haus hat noch dem Großvater Friedrich Spees gehört, ist aber zu der Zeit des Eintrages von Sibilla Spee (1618) nicht mehr im Besitz der Familie.
Beim Abschied haben wir uns versprochen in Kontakt zu bleiben.
Online-Bibliothek Walter Arts Museum
Weitere Recherchen
Nichts spricht dagegen, dass die im LIBER AMICORUM auftretende Sibilla Spee von Langenfeldt eine Schwester Friedrich Spees ist. Vielleicht diente ja der Zusatz "von Langenfeldt" 1618 zur Kennzeichnung des Familienzweiges des Burgvogtes, obwohl der Besitz in Langenfeld veräußert war, gewissermaßen die Linie Langenfeld.
Zu den Ämtern Linn und Uerdingen gibt es Wikipedia-Artikel. In beiden Artikeln findet sich der Hinweis "Im 18. Jahrhundert hatte die Schultheißen-Familie Erlenwein eine bedeutende Machtposition". Damit sind wir bei der Familie unseres Johann Karl Erlenwein angelangt. Der Vater Johann Karls war Theobalt Erlenwein, seit 1589 Schultheiß zu Linn und Uerdingen, Schiffszoll-Einnehmer zu Kaiserswerth. Er starb wahrscheinlich 1631 in Kaiserswerth. Sein Sohn Johann Karl Erlenwein (1595-1667) hatte das Schultheißen-Amt in Linn und Uerdingen von 1623 bis 1666 inne.
Im heutigen Behördenverständnis kann man das Schultheißen-Amt folgendermaßen umschreiben: Kreisdirektor, Oberzollrat, Leiter des Finanzamtes, Polizeidirektor und Direktor des Amtsgerichtes.
Johann Karl zog für seinen Kurfürsten in den Krieg. Für seine Verdienste erhielt er von König Ludwig XIII. eine goldene Gedenkmünze. Den Paderbornern brachte er die Reliquien des Heiligen Liborius zurück. Zum Dank erhielt er einen Ehrenbecher. Erzbischof und Kurfürst Ferdinand überreichte ihm eine goldene Ehrenmünze, Zeichen für eine erfolgreiche Amtsführung. 1663 wurde der Schultheiß Johann Karl Erlenwein Binnenumschlagsspediteur und Lagerhalter. Ein Vorgriff auf die noch heute existierende Spedition in Krefeld, als deren Gründer Balthasar Karl Hubert (1831-69) gilt. Der Bruder Ferdinand August Karl Hubert (1827-65) übernahm das Destilleriegeschäft und gilt als Gründer der Likörfabrik August Erlenwein & Cremer (1863). Wir sehen, dass die Freundschaftsbeziehung der Spee-Schwester einer angesehenen Familie galt.
(Dr. Heribert Houben aus Krefeld und Rolf-Günter Stefan, dem Geschäftsführer der Düsseldorfer Spee-Gesellschaft, danken wir für sachdienliche Literaturhinweise.)
Kurfürst und Erzbischof Ferdinand war der Landesherr des Amtmannes Peter Spee und des Schultheißen Johann Karl Erlenwein.
Vor 305 Jahren
starb am 14.11 in Hannover Gottfried Wilhelm Leibniz. 1646 wurde er in Leipzig geboren. Der universelle Gelehrte war Philosoph, Mathematiker, Historiker, Naturforscher und Diplomat. In seinem rastlosen Leben verfasste er nur wenige Werke, die abgeschlossen auf uns gekommen sind. Sein Werk besteht zum größten Teil aus Notizen, Entwürfen und Briefen. Erst heute wird der riesige Nachlass erschlossen.
Porträt von Christoph Bernhard Francke, um 1700
Griechisch und Latein lernte der junge Leibniz als Autodidakt. Das humanistische Studium genügte ihm bald nicht, er wandte sich der Logik zu. Getreu seinem Wahlspruch THEORIA CUM PRAXI entwickelte er im Zusammenhang seiner logischen und mathematischen Studien die erste mechanische Rechenmaschine, die dividierte und multiplizierte (1674). Die Zeichen für Multiplikation (Punkt) und Division (Doppelpunkt) stammen von Leibniz. Er entwarf die Infinitesimalrechnung. Als Bibliothekar führte er als erster den
alphabetischen Katalog ein.
1710 erschien die Theodicée (=Rechtfertigung Gottes). Seine letzten Lebensjahre waren überschattet von dem Prioritätenstreit über die Differentialrechnung mit Newton.
Als der zuletzt kränkelnde Leibniz in Hannover starb, stand ihm als Hofrat eine Begräbnisstätte in der Hofkirche zu. Zur offiziellen Trauerfeier waren auch korrekt alle Hofbeamte geladen worden, aber sein Sekretär Johann Georg von Eckhart war der einzige Trauergast. Die Familie war im entfernten Leipzig, und die Hannoveraner fanden sich für den fremden Gelehrten nicht verantwortlich.
Karl-Jürgen Miesen † hat seinerzeit in einem Vortrag vor der katholischen Studenten- und Hochschulgemeinde Hannover auf die Würdigung Spees durch Leibniz hingewiesen. Wir zitieren aus der Einleitung zum Vortrag:
,,Kaum eine Größe des deutschen Geisteslebens hat mehr zum frühen Nachruhm Friedrich Spees beigetragen als Leibniz. Über dreißigmal hat der hannoverische Philosoph und Jurist, Historiograph und Mathematiker in seinen Werken und Briefen Friedrich Spee lobend erwähnt;
er soll gar eine ausführliche Würdigung Spees vorgehabt haben, aber nicht dazu gekommen sein; gewiß aber hat er ein vierseitiges Elogium Patris Friderici Spee SJ', eine Lobrede also, auf Pater Friedrich Spee gehalten, dessen Werk gegen die Hexenverfolgungen Cautio criminalis er hier preist und dessen asketische Schrift »Gülden-tugend-Kleinod «er sich» in den Händen aller Christen« wünscht. »Blühend schön ist hier der Gedankenfluß und gleichsam himmlischen Atem ausströmend«, rühmt Leibniz das Spee-Werk, »die Aussagen sind großartig, die Ausführungen einsichtig und naturgemäß, die Einfälle geistvoll und wohltuend.«"
Quelle: Spee-Jahrbuch 7. Jg. 2000, S. 167f.
Siehe hierzu auch Günter Dengel in unserem Friedrich Spee-Lesebuch, S. 82ff.
Düsseldorf - Literarisch
Unter der Leitung von Dr. Corinna Schlicht und Prof. Dr. Jörg Wesche bot die Universität Duisburg-Essen ein Seminar Düsseldorf - Literarisch an. Zum Seminarprogramm gehörte eine Tagesexkursion nach Düsseldorf. Ein Besuch im Spee-Archiv stand selbstverständlich auf ihrem Programm.
Bei der Vorstellung des Spee-Epitaphs suchen wir oft an dem etwas versteckten Hakenkreuz. Auf diesem Foto ist es aus günstiger Perspektive gut zu erkennen.
Irritation
Unlängst erreichte uns eine e-Mail eines Kaiserswerth-Besuchers, den das Hakenkreuz irritiert hatte. Wir weisen deshalb darauf hin, dass der Künstler auf der linken Seite des Epitaphes, vom Betrachter aus, im Rahmen des Bildes vom Jüngsten Gericht eine Linie der gesellschaftlichen "Sündenfälle" zitiert. Das beginnt mit den japanischen Haritsuke, Kreuzigungen, die Missionaren des 16. und 17. Jhd. galten, und endet in einer Ansammlung von Folterwerkzeugen, wo sich auch das Hakenkreuz befindet. Damit gewinnt es seinen Stellenwert innerhalb dieses Bedeutungszusammenhanges.
Dieses Stillleben aus den Regalen des Archivs dokumentiert unsere ständige Konkurrenz mit dem Waschmittel der Henkelwerke¹.
Die Fotos verdanken wir Herrn Tim Wübbels, einem der Seminarteilnehmer.
¹ "Spee" ist seit der deutschen Wiedervereinigung eine Marke für Waschmittel von Henkel. Die Marke steht für Spezial-Entwicklung. Spee war eine der wenigen ostdeutschen Marken, die sich nach der Wende in den westlichen Bundesländern durchsetzen konnte. (Wikipedia)
Aus dem Norbert-Gymnasium Knechtsteden erfahren wir von einem neuen Musikzentrum der Schule. Leonard Bernstein, Louis Armstrong und Friedrich Spee sind die Namenspatrone der neuen Musik-, Proben- und Konzert-Räume. Die Eröffnung feierte die Schule am 03. März 2016.
Aus einer ehemaligen Kapelle wurde der Friedrich-Spee-Saal mit einer kleinen Bühne und Platz für etwa 120 Zuhörer oder Zuschauer gestaltet. Um diesen neu gewonnenen Raum sowohl für Konzerte und Schulaufführungen als auch das Musizieren im Unterricht und in den AGs nutzen zu können, wurden zusätzliche zwei angrenzende Schulräume renoviert und modernisiert. Zusammen bilden diese drei Räume, der Friedrich-Spee-Saal, der Louis-Armstrong- und der Leonard-Bernstein-Raum das neue Musikzentrum des Norbert-Gymnasiums.
Wir vermelden dieses Ereignis gerne als Beleg dafür, wie lebendig der Name Friedrich Spees in der Erinnerungskultur des Niederrheins ist.
Peine - Das Attentat bei Woltorf (1628/29)
Ab dem Herbst 1628 wurde Friedrich Spee in Peine und Umgebung eingesetzt, um dort die Rekatholisierung voranzutreiben. Zu diesem Engagement gehörten auch repressive Maßnahmen, die nicht recht zu unserem Spee-Bild passen wollen (Siehe dazu: Theo. G. M. van Orschoot in unserem Spee-Lesebuch).
Die katholische Kirchengemeinde zu den HEILIGEN ENGELN in Peine gedenkt mit der Namensgebung des Gemeindehauses des Jesuiten Paters.
Die Stadt Peine hat eine Gedenktafel vorzuweisen:
Mittlerweile hat der städtische Alltag die Tafel aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit verdrängt.
Wer es weiß, findet die schwarze Tafel oberhalb der Sonnenschirme zwischen den beiden unteren Fenstern.
Reinhold Schneider schildert das Attentat auf Spee:
(Quelle: Friedrich von Spee: TRUTZ-NACHTIGALL. Auswahl mit einem Essay von Reinhold Schneider - Gürzenich Bücherei. Köln 1947)
Rekonvaleszenz im Stift Falkenhagen (1629)
In unserem "Lebenslauf von Friedrich Spee" ist die Rekonvaleszenzzeit in Falkenhagen vermerkt. In der Peiner Gegend war auf Spee ein Attentat verübt worden. Dabei erlitt er lebensbedrohliche Verletzungen. Der in Falkenhagen um seine Genesung ringende Spee steht im Mittelpunkt eines 1937 von Reinhold Schneider veröffentlichten Essays. Hier ein Ausschnitt:
Endlich lenkte Spee wieder in die Richtung nach Falkenhagen ein; es erhob sich, während er auf und nieder getragen wurde, die Felder sacht vorüberglitten, der helle Wald sich öffnete und schloß und wieder öffnete, in ihm ein Klingen, das aus all den vorüberziehenden Dingen zu tönen schien, um in seiner Seele sich zu sammeln und Gestalt zu werden: so hatte er, wohl nach längerem Ritt, als ihn je ein Reiter zwischen Corvey und Falkenhagen getan, erst in der Dämmerung zwischen den Stämmen des zurückweichenden Waldes den Blick über die brachliegenden Felder auf die nackten Dachsparren der Klosterkirche. Er hatte freilich keinen Wohlstand erwartet, doch im Heranreiten sah er nun, daß es auch hier weit schlimmer stand, als er vermutet; wohl schon seit Jahr und Tag mochte kein Pflug mehr gegangen sein über die verwilderte, überwucherte Erde, und Flammen, Regen und Sturm schienen abwechselnd in dem alten hochragenden Mauerwerk der Kirche und des Klosterbaus eingekehrt zu sein: Falkenhagen der bedeutendste Grundbesitz des Jesuitenkollegiums zu Paderborn, dem Spee angehörte, hatte, trotz seiner Abgeschiedenheit, kein besseres Schicksal gehabt als die alte Bischofs- und Kaiserstadt vor dem Teutoburger Wald, ja, vielleicht noch ein schlimmeres. Doch da der Reisende nun in den Bereich der zerstörten Mauer kam, sah er wohl, daß hier tapfere Hände den Kampf aufgenommen hatten mit Steinen und Dornen; zaghaft und spärlich sproß die Saat, in einem schmalen Bande den Mauertrümmern folgend, aus der Erde auf, deren Kraft kein Brand und Hufschlag hatten töten können. Und als Spee, der abgestiegen war, die müde und widerwillig gehorchende Pforte aufgestoßen hatte, da, im letzten ausgegossenen Licht des Tages, empfing ihn der kleine Garten mit einem so fröhlichen Blühen und Leuchten seiner enggedrängten Stauden und Büsche, daß er ergriffen vor dem schon schlafenden Bienenhaus verweilte, ehe er sich nach einer Unterkunft für sein Grautier umsah.
Im Mai hat Hans Müskens Falkenhagen besucht und für uns die Spee-Gedenktafel an der katholischen Kirche St. Michael beim Kloster Falkenhagen fotografiert.
Am Beginn des Tages
Erzählung
Friedrich Spee saß im Garten des Klosters Falkenhagen. Das Attentat, das auf ihn vor einigen Wochen verübt worden war, hatte er noch nicht vergessen. Aber es war doch in seiner Erinnerung zurückgetreten. Denn viele Menschen hatten sich liebevoll um ihn gesorgt. Zunächst in Woltorp, dem kleinen Dorf, wo er am Sonntag des Guten Hirten schwer verwundet angekommen war und während der Predigt zusammenbrach; dann in Hildesheim, wo sich die Ordensbrüder um ihn gekümmert hatten, obwohl am Anfang keiner mehr viel Hoffnung hatte, dass er noch einmal gesund werden würde. Leute aus Peine hatten ihm Briefe geschickt und ihren Wunsch zum Ausdruck gebracht, er möge doch bald wieder bei ihnen sein. Das tat gut. Es war nicht alles umsonst gewesen. Als besonderes Geschenk empfand er den Aufenthalt hier in Falkenhagen, der kleinen Ordensniederlassung im Weserbergland. Die schöne Kirche war ihm besonders wichtig - aber auch der Klostergarten, der morgens in der Frühe angefüllt war vom Gesang der Vögel. Inzwischen fühlte er sich so stark, dass er sogar bei einem Überfall auf das Kloster die Angreifer eigenhändig in die Flucht schlagen konnte. Der Friede war zurückgekehrt.
Die Zeit, in der er in den Wirren der Auseinandersetzung der unterschiedlichen Glaubensauffassungen Stellung beziehen musste, war im Augenblick unterbrochen. Er kam zur Ruhe. Die Zeit der Vorlesungen in Paderborn war ebenfalls unterbrochen. Was er am meisten bedauerte, war, dass er im Augenblick nicht mehr als Beichtvater zu den Angeklagten ins Gefängnis gehen konnte. Vielleicht war das seine wichtigste Aufgabe als Priester und Seelsorger gewesen. Jetzt fand er aber Ruhe, um wieder ganz gesund zu werden. Er tat das, was für ihn unendlich wichtig war: er las seine Gedichte durch, die er zwischendurch immer wieder verfasst hatte, korrigierte das eine oder andere, schrieb neue Strophen und ganze Texte dazu: „Wan Morgenröt sich zieret …“ - Der Augenblick war da, um sich hier im Garten dem neuen Tag zu öffnen, der aufgehenden Sonne hinter den hohen Bäumen entgegen zu sehen. Die Nacht der Angst, der Todesangst nach dem Attentat war vorbei. Gott sei Dank!
In diesem Augenblick sah er sich als kleinen Jungen, wie er mit seinem Vater in Kaiserswerth auf den Turm der Burg am Rhein stieg. Der Vater hatte ihn immer wieder hierhin mitgenommen: Morgens in der Frühe, wenn die Sonne gerade über dem Kreuzberg aufstieg, am Mittag, wenn ihr Licht die Burg und die kleine Stadt zu ihren Füßen fast schattenlos erscheinen ließ, am Abend, wenn sie auf der anderen Seite des Rheins in der Ferne unterging und am Schluss des Tages Land und Strom noch einmal in Gold tauchte. In diesem Augenblick sah er das Bild der Sonne in der Stadt, in der er geboren wurde. Gerne würde er noch einmal hierher kommen.
Der Klostergarten von Falkenhagen war jetzt der Burggarten der kaiserlichen Pfalz in Kaiserswerth. Er blätterte in seinen Unterlagen und las:
Gleich früh sich wan entzündet /Der silberweisse tag
Und klar die Sonn verkündet, / Was nachts verborgen lag,
Die Lieb in meinem hertzen, /Ein Flämmlein stecket an,
Das brennt gleich einer kertzen / ,So niemand leschen kan.
Die Liebe in seinem Herzen: er dachte an seine Eltern, an seine Geschwister, an alle, die damals mit ihm zur Schule gegangen waren, ja, an alle, die er in Kaiserswerth kannte. Lange ist es her! Kannten sie ihn noch? Er würde gerne jetzt in diesem Augenblick in der Kirche des heiligen Suitbertus eine Kerze anzünden: „So niemand leschen kan.“ Den Gedanken fand er gut und auch dass er ihn als Schlusszeile für seine Gedichtstrophe gewählt hatte.
Der Morgengesang der Vögel war längst leiser geworden. Die Sonne bestrahlte den Chor der Kirche und würde den Raum mit Licht erfüllen, dem Licht des neuen Tages. Er verließ langsam den stillen Garten, öffnete das Kirchenportal und sah das Licht der Morgensonne durch die Chorfenster fließen. Er nahm an dem Licht teil und betete: „Auff, auff, Gott will gelobet sein / Der Schöpffer hoch von Ehren.“
Tag und Nacht, das hatte ihm sein Vater auf dem Turm der Burg beigebracht, sei das Licht anders und hatte hinzugefügt: „Tag und Nacht erlebst du Gott in einem anderen Licht.“
Hans Müskens
Edvard Munch, Die Sonne
Blinde und Sehbehinderte im historischen Kaiserswerth
Foto: Lokalkurier
Mit Mitte Mai fand, wie der LOKALKURIER am 11. Juni 2015 berichtet, eine historische Stadtführung für Blinde und Sehbehinderte statt. Besonders berührt hat uns, wie die Teilnehmer am Spee-Epitaph den Vortrag ertasten.
Zum 400. Geburtstag Friedrich Spees gab die deutsche Bundespost eine Gedenkbriefmarke heraus, die von der Grafikerin Frau Graschberger gestaltet wurde.
Die Sankt-Ansgar-Schule - Staatlich anerkanntes katholisches Gymnasium jesuitischer Tradition (Hamburg) - hat diese Briefmarke in Großformat zur Gestaltung ihrer Cafeteria verwendet.
Mit der Bezeichnung "Spee-Haus" hat die Schule schon vor einiger Zeit dem Jesuitenpater ein Denkmal gesetzt.